Von vizeweltmeisterlichen Ohrenfreuden

Das Landesblasorchester Baden-Württemberg verzaubert beim Gastspiel in der Turn- und Festhalle Heinstetten. Sein begeistertes Publikum dankt es ihm frenetisch.

Das ist bekannt: wenn das Landesblasorchester Baden-Württemberg (LBO) sich die Ehre gibt, darf ein Ohrenkitzel von jeder Zuhörerin und jedem Zuhörer erwartet werden. Nicht zuletzt der diesjährige Vizeweltmeister-Titel beim WMC in Kerkrade dokumentiert dies. Bedenkt man, dass in der Konzertklasse für Harmoniemusik einzig der Weltmeister aus Maastrich einen Vorsprung von einem halben Punkt hielt, dann mussten sich die Musikerinnen und Musiker des LBO unter ihrem Dirigenten Björn Bus keine Asche aufs Haupt streuen. Sie gehören damit schließlich zu den besten sinfonischen Blasorchestern der Welt.

Nun also das Gastspiel in der kleinen, leider akustisch zur Übersteuerung neigenden Turn- und Festhalle Heinstetten. Rührig umsorgt von einer gefühlten Hundertschaft an Musikerinnen und Musikern des örtlichen Musikvereins, der vor Beginn des Konzerts und in der Pause für das leibliche Wohlergehen der fast vollen Halle sorgte, durfte man gespannt sein.

Zwischen Richard Strauss und spanischen Landschaften

Zu Beginn gleich zweimal Musik des deutschen Komponistenübervaters des zwanzigsten Jahrhunderts Richard Strauss. Sein Don Juan, op. 20 bringt schon im Original sinfonische Orchester ins Schwitzen, so dass es eine Freude war das spielfreudige LBO zu beobachten, wie es sich durch die von Mark Hindsley eingerichtete Partitur musizierte. Die Lorbeeren bei seiner Interpretation hat das Hornregister mit süffigem Gesamtklang sowie die spielfreudige Malettbatterie verdient. Das Lied Allerseelen hingegen, dem in der Fassung von Albert O. Davis die Gesangsstimme abhandenkommen musste, wurde vom LBO gefühlvoll ausmusiziert.

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(c) Landesblasorchester Baden-Württemberg

Die einzige Originalkomposition des Abends stellte Entornos (2001) des 2005 verstorbenen Spaniers Amando Blanquer Ponsoda. Diese drei musikalischen Landschaftsbilder hielten an kompositorischen Reiz zwar nun nicht überreichlich viel bereit, ließen dem LBO aber Raum zur Entfaltung und den nutzte Dirigent Bus für eine farbenreich schillernde Ausdeutung der Partitur. Vor allem der erste Satz, das Allegro grazioso, brachte durch klar geführte Linien und saubere Intonation viel Strandatmosphäre in den Saal.

Eine Entdeckung und ein Klassiker

Im zweiten Konzertteil steigerte das LBO, fast will man sagen naturgemäß, seine Leistung nochmals. Die Ouvertüre Tsar Boris von Wassili S. Kalinnikow in einem Arrangment von Marc Koninkx bewies dies deutlich. Mit diesem im deutschsprachigen Raum fast völlig unbekannten Bühnenmusikversatzstück erreicht der Abend seinen brodelnden Höhepunkt, wiewohl die Geschichte des dritten Zaren Russlands das eigentlich nicht hergeben will. Den rauschhaften Abschluss des Hauptprogramms bildete passend zum Kinostart des nunmehr achten Teils der Star Wars Saga das fünfsatzige Hunsberger-Medley Star Wars Trilogy auf Musik von Filmmusikgigant John Williams. Tobend und marzialisch präsentierte sich der erste Satz „Imperial March“, das „Battle in der Forest“ erwies sich als kleinteilig musiziertes Kammerspiel und „Princess Leia’s Theme“ durchleuchtete die Nacht mit einem tränenheischend gespielten Horn-Solo des Musikers des Abends. Der verschmitzte Conférencier Thomas Kuhn hatte nicht zu viel damit versprochen, dass das Orchester mit seinem eigenen Darth Vader Björn Bus da einiges bieten würde.

Dies musste Applaus erzeugen und das tat es auch. Als Zugabe schloß der Abendsegen aus Engelbert Humperdincks Opernklassiker Hänsel und Gretel den Rahmen zum Konzertbeginn mit Richard Strauss (dieser war der Uraufführungs-Dirigent der Oper gewesen) und der Mars der Medici des Niederländers Johan Wichers diente dem Kehraus.

Fazit: Wer nicht dort war, der hat ein Lehrstück dafür verpasst, was herausragende Probenarbeit und viel Liebe zur Musik ausmachen kann.

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